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Drohendes Verbot der Medikamentenabgabe
Abgabe in der Apotheke unpraktikabel
Tierärzte übernehmen wichtige Dokumentations-Aufgaben
Hintergrund: Resistente Erreger
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Ein Verbot der Medikamentenabgabe durch Tierärzte bringt keinen Nutzen, aber Mehrkosten für alle Beteiligten.

Im Zusammenhang mit dem Auftreten von multiresistenten Keimen in Hühnerfleisch wird derzeit die Behandlung von Tierbeständen mit Antibiotika diskutiert. Anlass dafür ist die Vermutung, dass die kürzlich gefundenen Keime auf nicht sachgerechte Behandlungen in der Tiermedizin zurückzuführen sind. Als Gegenmaßnahme wird derzeit unter anderem die Möglichkeit diskutiert, den Tierärzten das Dispensierrecht zu entziehen und dadurch die Abgabe von Medikamenten durch den Tierarzt zu untersagen. Dadurch sollen fehlerhafte Behandlungen unterbunden werden.

Der Tierhalter wäre dann zukünftig in jedem Fall gezwungen, die Medikamente mit erhöhtem Aufwand und zusätzlichen Kosten aus einer Apotheke zu beziehen. An der Art der Verabreichung der Medikamente wird sich auf diese Weise jedoch nichts ändern.


Da die Abgabe von Medikamenten durch die Apotheken in vollen Gebinden erfolgt (und nicht, wie durch den Tierarzt, auf das für die Behandlung notwendige Maß zugeschnitten ist) werden dadurch bei den Tierhaltern Restbestände an Medikamenten, insbesondere auch Antibiotika, entstehen. Die Entsorgung dieser Restbestände ist dann dem Tierhalter überlassen. Es kann sicher davon ausgegangen werden, dass durch eine nicht sachgerechte Entsorgung unnötige Mengen von Antibiotika in die Umwelt gelangen. So entsteht ein zusätzliches Risiko weiterer Resistenzen. Darüber hinaus bergen Antibiotika-Restbestände die Gefahr des Missbrauchs, z.B. bei Behandlungsversuchen ohne voherige Konsultation des Tierarztes.

So wenig ein Entzug des Dispensierrechts zur Lösung des Problems der resistenten Keime beiträgt, so sehr bedeutet dies Mehraufwände und Mehrkosten für die Tierbesitzer. Zusätzlich zur Rezeptgebühr beim Tierarzt fällt dann der Gang zur Apotheke an, der mit den üblichen Kosten verbunden ist. Im Gegensatz zur Humanmedizin steht diesen Kosten kein Nutzen gegenüber, da die Apotheker für den Einsatz von Tiermedikamenten und deren spezielle Anwendung nicht ausgebildet sind. Eher entsteht hier die Gefahr von Fehlberatungen. Um in den Apotheken eine vergleichbare Beratungsqualität zu erreichen, wie sie in der Tierarztpraxis besteht, wäre ein aufwändige und umfangreiche Nachqualifikation der Apotheker erforderlich.


Während die Tierärzte derzeit für die lückenlose Dokumentation der Antibiotika-Abgabe verantwortlich sind, wird es schwierig, die Antibiotika-Abgabe über verschiedene Apotheken zu verfolgen, insbesondere im Falle von Online-Apotheken.

Schon jetzt ist die Medikamenten-Abgabe für Tiere streng und lückenlos gesetzlich geregelt. Problemfälle und Skandale sind und waren stets auf eine Nicht-Einhaltung der Gesetze zurückzuführen, so dass der Weg zu einer Verbesserung nicht über eine Verschärfung der gesetzlichen Regelungen führt. Vielmehr muss die Einhaltung der bestehenden Vorschriften konsequenter überwacht werden.

Nur die Medikamenten-Abgabe durch den Tierarzt kann in diesem komplexen Umfeld den verantwortungsbewussten Umgang mit Antibiotika sicherstellen.

Die aktuelle Diskussion zur Medikamentenabgabe durch den Tierarzt geht somit an der Wurzel der Probleme vorbei. Die direkte Abgabe der Tiermedikament durch den Tierarzt stellt die Behandlungsqualität sicher und vermindert das Risiko einer unsachgemäßen Behandlung mit Antibiotika.

Die Aufgabe der zentralen Rolle der Tierärzte würde deutliche Nachteile für Umwelt, Tierschutz und Tierbesitzer mit sich bringen und die Entstehung resistenter Keime nicht verhindern. Die Tierärzte haben über die Bundestierärztekammer konkrete Vorschläge gemacht, wie die Entstehung von Resistenzen wirksam vermieden werden kann.


Was sind resistente und multi-resistente Erreger?

Resistente Erreger sind Bakterien, die gegenüber den üblichen Antibiotika unempfindlich geworden sind. Besteht diese Unempfindlichkeit gegenüber mehr als einem Wirkstoff, so spricht man von multiresistenten Keimen. Diese Keime sind besonders gefährlich, da es gegen sie keine wirksamen Medikamente gibt und sie so schwer oder gar nicht heilbare Infektionen hervorrufen können

Resistente Erreger können dann entstehen, wenn die Behandlung einer bakterielle Infektion mit Antibiotika nicht zu Ende geführt wird oder die Medikamente unterdosiert werden. Die Erreger passen sich dann ihrer Umwelt an, ehe sie durch den Wirkstoff abgetötet werden. Neue, angepasste Bakterien-Generationen sprechen dann auf die Behandlung nicht mehr an. Der größte Teil der heute bekannten multiresistenten Keime kann auf Quellen in der Humanmedizin, insbesondere auf Krankenhäuser und Kliniken zurückgeführt werden. Weiterhin können Resistenzen entstehen, wenn die Bakterien in der Umwelt mit Antibiotika in Kontakt kommen.

Zuletzt aktualisiert am Freitag, den 13. April 2012 um 10:23 Uhr